2021 gab Intel bekannt, dass in Magdeburg bis 2027 eine neue Fab – also eine hochmoderne Produktionsstätte für Halbleiter – entstehen soll. Dafür benötigt der Konzern 3.000 Fachkräfte und schafft zusätzlich ca. 7.000 weitere Stellen bei Handwerksbetrieben, Dienstleisterfirmen insbesondere aus der Bau- und Industriebranche sowie Zulieferern. Wir haben mit Bernd Holthaus, HR Director bei Intel Magdeburg gesprochen, wie die Fachkräftestrategie aussieht.
Herr Holthaus, es wird sicherlich eine Herausforderung diese Vielzahl an neuen Stellen zu besetzen. Wie stellen Sie sich darauf ein? Welche Strategie verfolgt Intel für die Besetzung der Stellen bzw. die Fachkräftegewinnung?
Für die 3.000 bei Intel zu besetzenden Stellen haben wir zunächst einen Plan erstellt – einen Plan nach Zahlen. Wir haben also hochgerechnet, bis wann wir welche Jobprofile benötigen. Außerdem haben wir Daten von Hochschulen, der Agentur für Arbeit und weiteren offiziellen Stellen eingeholt und eine langfristige Strategie erarbeitet, wie wir unsere zukünftigen Mitarbeitenden erreichen und ansprechen können. Unsere Strategie berücksichtigt das komplette Bildungssystem mit sämtlichen Partnern, die im oder um das Talent-Segment eine Rolle spielen, damit wir bis 2027 alle Stellen besetzen können.
Für die neue Fab in Magdeburg werden wir ca. 70 Prozent Fachkräfte mit einem technischen Hintergrund benötigen, also Manufacturing Technicians oder Operator, die idealerweise Erfahrung in der Halbleiterbranche haben. Aber auch Quereinsteiger aus anderen Branchen, die Produktionsabläufe verstehen oder mit hochtechnisierten Maschinen gearbeitet haben, sind bei uns willkommen. Letztlich bekommen alle neuen Mitarbeiter ein spezielles Intel-Training, um sich mit den Abläufen vertraut zu machen, sodass wir ein perfekt aufeinander abgestimmtes Team haben werden.
Intel ist dabei sehr bestrebt, eine große positive Wirkung auf den lokalen Arbeitsmarkt auszuüben. Wir wollen Menschen in Magdeburg einen Job bieten, aber auch Menschen nach Magdeburg bringen, die sich von uns und der schönen Umgebung inspirieren lassen, um die Fab aufzubauen.
3.000 Fachkräfte werden in der neuen Mega-Fab in Magdeburg benötigt, Foto: Intel
Wie schätzen Sie es denn ein: Wird es mit dem großen Namen Intel schwerer oder leichter, Fachkräfte zu finden?
Ich persönlich finde das eine herausfordernde, aber großartige Aufgabe, der wir uns da stellen. Von der Menge der benötigten Talente wird es nicht einfach – auch nicht als Intel. Das will ich gar nicht von der Hand weisen. Der Konzern ist als Corporate Brand weltweit bekannt. In dem Segment der Halbleiter in Deutschland jedoch als Arbeitgeber neu. Wir müssen die Bekanntheit nutzen, um damit die richtigen Leute anzusprechen.
Aber auch jetzt haben wir bereits sehr viele Bewerbungen erhalten von Menschen, die wieder zurück nach Magdeburg wollen. Vielleicht weil sie ihr Studium hier absolviert haben, hier aufgewachsen sind oder von Freunden die Vorzüge der Region kennen. Da gibt es ganz unterschiedliche Beweggründe und wir hoffen, dass wir diesen Trend noch verstärken können. Uns war es außerdem wichtig, einen Standort zu finden, an dem die Menschen nicht nur arbeiten können, sondern sich auch in die Local Community einbetten, dass sie sich wohlfühlen. Ohne diese Gewissheit wären wir nicht nach Magdeburg gegangen.
Welche Bedeutung schreiben Sie internationalen Fachkräften in Ihrer Strategie bei?
Internationale Talente sind für Intel ein sehr großes Thema. Wir arbeiten mit vielen Spezialisten zusammen aus ganz unterschiedlichen Branchen und Bereichen. Nirgendwo auf der Welt werden Sie einen Arbeitsmarkt finden, der so parat ist, dass man aus dem Stand heraus 3.000 Mitarbeitende für eine Fab einstellen kann. Wenn man sich für einen Standort entscheidet, dann versucht man dennoch weltweit Talente zu finden. Für die neue Fab werden sie besonders wichtig sein, viele internationale Talente werden nach Magdeburg kommen. Das macht die Aufgabe noch spannender und interessanter, da uns und dem Standort hier eine große Möglichkeit gegeben wird.
Hilft der Name Intel bei der Ansprache auf dem internationalen Markt?
Ja der Name hilft. Wir nehmen aber auch wahr, dass Menschen, die in der Halbleiterindustrie arbeiten, sehr mobil und sehr interessiert gegenüber neuen Arbeitgebern sind. Wir bekommen schon heute Bewerbungen aus aller Welt. Das freut uns sehr, denn Internationalität beziehungsweise Diversität ist uns im Unternehmen sehr wichtig. Sie führt zu einer ganz besonderen Kultur, denn wir sind überzeugt: Wenn wir immer nur mit unseres gleichen zusammensitzen, dann bekommen wir auch immer wieder die gleichen Ergebnisse. Daher nehmen Diversity und Inklusion einen sehr hohen Stellenwert bei Intel ein. Schon heute kommen unsere insgesamt ca. 1.100 Mitarbeiter in Deutschland aus 55 verschiedenen Ländern. Dieses Bild und die Vorteile, die sich für uns ergeben, wollen wir auch nach außen tragen, damit unsere Kollegen auch zukünftig ihr gesamtes Potenzial zeigen können.
Bernd Holthaus, HR Director bei Intel, gibt Einblicke in die Fachkräftestrategie des Halbleiterherstellers
Herr Holthaus, Sie hatten ja bereits zu Beginn angesprochen, dass Sie das gesamte Bildungssystem in Ihrer Strategie berücksichtigen wollen. Inwiefern hat die Nähe zu bedeutenden Hochschulen, Universitäten und Netzwerken in Mitteldeutschland eine Rolle bei der Standortentscheidung gespielt?
Wenn man eine Fab erstellt, braucht man Hochschulen und neue Technologien, die sich in allen Bereichen permanent weiterentwickeln. Universitäten sind hier eine Lebensader. Egal ob Manufacturing, neue Materialien oder neue Prozessdesigns – hier braucht es Vordenker und Wissen von Außerhalb. Auch an unseren Standorten in Irland oder Israel sind Hochschulen wichtige Ankerpunkte für Standortentscheidungen gewesen.
Mit Forschungs-, Förder- und Talentprogrammen versuchen wir gemeinsam mit den Hochschulen zum einen, neue Studierende zu akquirieren und vor allem Frauen für technische Berufe zu begeistern. Zum anderen wollen wir natürlich von den Absolventen profitieren, und ihnen eine erste Jobanlaufstelle bieten. Auf diese Weise entstehen lange, intensive und ergebnisorientierte Partnerschaften, die lebenswichtig für unsere Fabs sind.
Auch in Magdeburg gibt es eine sehr internationale Hochschule und gemeinsam mit dem Land Sachsen-Anhalt sind wir derzeit in Absprachen, wie sich die Zusammenarbeit inhaltlich gestalten kann. Die Ausrichtung soll auf jeden Fall so gestaltet sein, dass auch unsere Zulieferer und Dienstleister von den Absolventen profieren, sodass wir ein möglichst breites Spektrum an neuen Talenten abdecken können. Details dazu können wir aber noch nicht mitteilen.
Und wann starten Sie mit der Suche nach Fachkräften?
Den ersten Schwung haben wir bereits rekrutiert. Das sind vor allem Personen aus dem Konstruktions-, Bau- und Planungsbereich, aber auch aus HR, IT und Finance, die uns in der aktuellen Planungs- und Genehmigungsphase unterstützen. Sobald wir alle Genehmigungen seitens der Bundesregierung und der EU erhalten haben, beginnt die Ausführungsphase voraussichtlich Mitte bzw. Ende 2023. Dann werden wir verstärkt nach den oben beschriebenen Manufacturing Technicians suchen, die die Produktion mit aufbauen.
Unser Job ist jeden Tag eine Herausforderung – schon bevor die Fab steht. Aber wir glauben daran, dass wir sehr viele neue Arbeitsplätze schaffen werden und so die gesamte Region attraktiver machen.
Vielen Dank Herr Holthaus. Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg.